Trizyklika möglicherweise sicherer als SSRI bei älteren Patienten
Seit Jahren gelten SSRI bei älteren Patienten als besser verträglich und vor allem als sicherer als die klassischen trizyklischen Antidepressiva (Trizyklika). Umgekehrte Ergebnisse lieferte nun eine Britische Kohortenstudie, die bei älteren Patienten unter SSRI eine höhere Rate an Nebenwirkungen zeigte. Bei vielen Präparaten war auch das Sterberisiko erhöht.
Die Kohortenstudie basiert auf Daten von 60.746 Patiente, denen im Alter von über 65 Jahren nach einer neuen Episode einer Depression Antidepressiva verordnet wurden.
Bei insgesamt 1,39 Millionen Antidepressiva-Verordnungen entfielen 54.7% der Verordnungen auf SSRI, 31.6% auf Trizyklika, 0.2% auf MAO-Hemmer und 13.5% auf andere Antidepressiva (z.B. Mirtazapin oder Venlafaxin). Unter SSRI waren Stürze, Hyponatriämien, Krampfanfälle und Schlaganfälle häufiger als unter Trizyklika. Im Vergleich zu den Patienten, die nicht mit Antidepressiva behandelt wurden, war unter SSRI das Risiko für Stürze (Hazard Ratio (HR) = 1.66) und für Hyponatriämien (HR=1.52) am höchsten. Auch das Sterberisiko war unter Antidepressiva-Einnahme erhöht: Von den Patienten, die nicht mit Antidepressiva behandelt wurden, starben im ersten Jahr 7%. Unter Trizyklika waren es 8.12% und unter SSRI 10,61%. Am höchsten mit 11.43% war das Sterberisiko in der Gruppe der anderen Antidepressiva. Ausserdem waren in dieser Gruppe Suzidversuche (Hazard Ratio 5.16), Schlaganfälle (HR=1.37), Frakturen (HR=1.64) und Krampfanfälle (HR=2.24) häufiger. Bei den einzelnen Wirstoffen schnitten Trazodon, Mirtazapin und Venlafaxin besonders ungünstig ab.
Konklusion der Autoren: SSRI und andere neuere Antidepressiva wie Mirtazapin und Venlafaxin gingen im Vergleich zur Gruppe der trizyklischen Antidepressiva bei älteren Patienten mit einer höheren Rate an Nebenwirkungen einher. Zwar sei die Aussagekraft einer solchen retrospektiven Beobachtungsstudie eingeschränkt und weitere Studien seien zur Klärung der Ursachen notwendig. Doch die Studie zeige deutlich, dass insbesondere bei älteren Patienten Nutzen und Risiken der verschiedenen Wirkstoffe sorgfältig abzuwägen sind.
Link zur Studie
BMJ 2011; 343:d4551 - Coupland C et al.
17.08.2011 - gem