Systolische Dysfunktion und Herzinsuffizienz
Einleitung
Prävalenz der chronischen Herzinsuffizienz (CHF)
- in der Schweiz stark steigend
- von 1.5% (120'000 Patienten) heute auf wahrscheinlich 2-3% in 10-20 Jahren
Chronisch progressive Erkrankung
- Mortalität: 8-25%/Jahr
- Morbidität: 20-50% Hospitalisation/Jahr
Definition
- Systolische Herzinsuffizienz: Symptome der Herzinsuffizienz, verminderte myokardiale Pumpfunktion (LVEF < 50%), Anstieg des linksventrikulären enddiastolischen Druckes
Zentraler Faktor in der Progression der Herzinsuffizienz: Neurohumorale Stimulation
- Renin-Angiotensin-Aldosteron System: inhibiert durch ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonist und Aldosteron-Antagonist
Systolische Dysfunktion |
Mortalität |
Morbidität |
Bemerkungen |
ACE-Hemmer |
↓ 20% |
↓ 30%
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Angioten-II-Rez-Antag |
↓ 15% ns |
↓ 30% |
CHARM; anstelle von ACE-Hemmer |
Aldosteron-Antagonist |
↓ 15-30% |
↓ 20% |
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- Sympathisches Nerven-System: inhibiert durch Beta-Blocker; wahrscheinlich kein Klassen-Effekt
Systolische Dysfunktion |
Mortalität |
Morbidität |
Bemerkungen |
Betablocker |
↓ 30% |
↓ 30%
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zur ACE-Hemmer-Therapie |
Kosten aktuell > 500 Mio. CHF/Jahr, 70% durch Hospitalisationen verursacht
Diagnostik der Herzinsuffizienz
Verdacht auf Herzinsuffizienz
- Frühere Erkrankungen / Risikoprofil
- Typische Symptome (Dyspnoe, Orthopnoe, PND, Oedeme, Gewichtszunahme)
- Klinische Untersuchung (Halsvenenstauung, pos. HJR, 3. Herzton, pulm. RG nur in 70%)
EKG: Normales EKG macht Herzinsuffizienz unwahrscheinlich
Thorax-Röntgenbild: unspezifisch
BNP / NT-BNP (Cave: Unterschiedliche Tests haben unterschiedliche Normwerte!)
- BNP < 100pg/ml bzw. NT-BNP < 300pg/ml: Herzinsuffizienz unwahrscheinlich (90-95%)
- Falsch negative Resultate selten, aber möglich (z.B. bei akuter Herzinsuffizienz)
- BNP > 400pg/ml bzw. NT-BNP > 1’600pg/ml: Herzinsuffizienz wahrscheinlich (90-95%)
Echokardiographie
- Alle Patienten mit Herzinsuffizienz müssen mit bildgebender Diagnostik abgeklärt werden. Notwenig für Differenzierung der systolischen und diastolischen Dysfunktion
Allgemeine therapeutische Massnahmen
Strikte Kontrolle der kardialen Risikofaktoren
Behandlung reversibler kardialer Dysfunktion
- Revaskularisation bei ischämischer Kardiopathie
- Behandlung der arteriellen Hypertonie
- Reduktion des CHF Risikos um 40-50%
- Salzrestriktion
- Frequenzkontrolle bei Tachyarrhythmie (spez. VHFlimmern/-Flattern)
Ursachen der rezidivierenden Dekompensationen
- Non-Compliance bei der medikamentösen Therapie
- Nichteinhalten der Salzrestriktion
- Alkohol
- Infektiöse Erkrankungen (viral und bakteriell)
- Schmerzmittel (NSAR, Cox-2 Inhibitoren), Kortikosteroide
- Systolische Dysfunktion: Kalziumantagonisten (ausser Amlodipin/Felodipin)
Wichtige supportive Massnahmen
- Tägliches Wägen; melden einer Gewichtsveränderung von mehr als 1 kg / Tag
- Mässige körperliche Betätigung oder Rehab-Programm
- Proaktive Kontrolle: Disease Management
- Flüssigkeitsrestriktion nur bei Hyponatriämie und Diuretika-Behandlung
Medikamentöse Therapie und wichtige Nebenwirkungen
Diuretika
- Ziel: Zentralvenöser Druck (Jugularis interna rechts) von 7-8 cm H2O
- Adäquate Verwendung von Diuretika für CHF-Therapie entscheidend - Ungenügende Diuretisierung: Volumenüberladung, verminderter Effekt der ACE-Hemmer, erhöhtes Risiko von Beta-Blocker-Nebenwirkungen - Übermässige Diuretisierung: Hypotension (ACE-Hemmer- und Beta-Blocker-Unverträglichkeit), Niereninsuffizienz
- Nur in Kombination mit einem ACE-Inhibitor /Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonist und ev. Beta-Blocker
- Torasemid bei dekompensierter Herzinsuffizienz effektiver als Furosemid
- Bei dekompensierter CHF per os Medikation häufig ungenügend: Therapie mit i.v. Präparaten
- Dosis hochtitrieren bis Effekt erreicht; bei ungenügendem Ansprechen Dosis-Intervall verkürzen oder Kombination mit Thiaziddiuretikum
- Vorsicht bei Patienten mit diastolischer Dysfunktion. Übermässige Reduktion des zentralvenösen Druckes kann Hypotonie und Niereninsuffizienz verursachen
ACE-Hemmer
Indikation
- Alle Patienten mit symptomatischer CHF
- Asymptomatische LV Dysfunktion (LVEF < 40%)
Nebenwirkungen/Komplikationen
- Arterielle Hypotonie
- Meist Aktivierung des RAS bei vorgängig schneller, (zu) starker Diurese - Therapie: langsame Titration (Dosis-Verdoppelung alle zwei Wochen), ev. Stopp der Diuretika für 1-2 Tage, vorübergehende Liberalisierung der Na+ -Restriktion
- Niereninsuffizienz:
- Risikofaktoren: Aktivierung des RAS, Nierenarterien-Stenosen, NSAR, Cox-2 Inh. - Mässige Erhöhung des Kreatinins (max. 50-100% des Ausgangswertes; max. 250-350 mmol/L) akzeptabel, sofern kein path. Anstieg des Serum-Kaliums (≤ 6.0 mmol/L). - Therapie: Vorübergehende Reduktion der Diuretika
- Husten
- Häufigkeit 10-15%, Latente Linksherzinsuffizienz und andere Ursachen (Nikotin, viraler Infekt) müssen ausgeschlossen werden.
Angiotensin II – Rezeptor - Antagonisten
Indikation
- Patienten mit symptomatischer CHF, die ACE-Hemmer nicht tolerieren
- Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz mit ACE-Hemmer, die b-Blocker oder Spironolacton nicht tolerieren
- Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz und 3-er Therapie (ACE-Hemmer, b-Blocker und Spironolacton), die weiter symptomatisch sind oder hypertone BD haben
Nebenwirkungen
- Hypotension: Gleich wie ACE-Hemmer
- Niereninsuffizienz: Gleich wie ACE-Hemmer
- Husten: Unwesentlich
- Angioödem: Unwesentlich, A II-Antagonist kann kontrolliert verabreicht werden, wenn unter ACE-Hemmer Angioödem
Beta-Blocker
Indikation
- Patienten mit systolischer Dysfunktion (LVEF < 40%), stabiler Herzinsuffizienz NYHA Klasse II bis IV und etablierter Standardtherapie (ACE-Hemmer, Diuretika)
- Patienten mit symptomatischer diastolischer Dysfunktion
Nebenwirkungen
- Arterielle Hypotonie
- Prävention: Langsame Titration, Beginn mit 10-15% der Zieldosis, Dosisverdoppelung nur alle zwei Wochen. Optimale Diuretika-Therapie - Therapie: Vorübergehende Reduktion der ACE-Hemmer / Diuretika Dosis
- Volumenüberladung:
- Prävention: Wie bei Hypotonie - Therapie: Vorübergehende Erhöhung der Diuretika Dosis
- Müdigkeit/ Verschlechterung PAVK
- Anstelle von Beta-Blockern: Angiotensin-II–Rezeptor-Antagonist
Weitere Medikamente
Aldosteron-Antagonisten
Indikation
Tief dosiert (Spironolacton/Eplerenon 12.5 – 25 (50) mg/d) bei systolischer Herzinsuffizienz nach Myokardinfarkt (LVEF < 40%; NYHA Klasse II - IV) und bei schwer symptomatischen Patienten (NYHA IIIb/IV)
Effekt
Verminderung der Mortalität und Morbidität
Nebenwirkungen
- Hyperkaliämie:
- Prävention: Voraussetzungen: Serum K+ < 5.0 mmol/L und Kreatinin < 220 mmol/L
- Gynäkomastie: bei 10% der männlichen Patienten
Digoxin
Indikation
- Systolische Dysfunktion und gleichzeitiges Vorhofflimmern
- Symptomatische Behandlung bei systolischer Dysfunktion und Sinusrhythmus
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Mediscope |
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16.06.2005 - dde |
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